Von unserem Redakteur Jürgen Paul
Michael Schneider bringt es auf den Punkt: „Der Abschwung ist abgeblasen.“ Damit beschreibt der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Main-Tauber treffend die Stimmung am Dienstagabend in der Heilbronner Harmonie. Rund 400 Besucher sind gekommen, um den traditionellen Konjunkturprognosen der Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken zu lauschen. Und obwohl verschiedenste Krisen unser aller Leben beeinflussen, verbreiten die fünf Referenten aus verschiedenen Branchen Zuversicht.
Optimismus „Der Pessimismus weicht einem verhaltenen Optimismus“, fasst Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, die aktuelle Konjunkturumfrage der Kammer für das vierte Quartal 2022 zusammen. Eine grundsätzliche Unsicherheit bestehe in der regionalen Wirtschaft aber fort. „Mehr Investitionen sind nötig, wir brauchen eine Belebung“, sagt Elke Döring.
Ihre Prognose für die Konjunkturentwicklung in der Region in diesem Jahr: „Eine tiefschwarze Null, vielleicht auch ein kleines Plus.“ Die Chancen stünden gut, dass die Region einen Ticken besser abschneidet als der Rest der Republik.
Energiefragen Entwarnung an der Energiefront gibt Paul Gehrig. „Aktuell ist die Versorgung mit Gas und Strom gewährleistet“, sagt der Geschäftsführer der Stadtwerk Tauberfranken GmbH. Die Energiepreise seien zuletzt deutlich gesunken, die Perspektiven für dieses und nächstes Jahr seien gut.
Mit dem Voranschreiten der Energiewende ist Gehrig aber überhaupt nicht zufrieden. „Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssten bis Ende 2029 pro Tag sechs neue Windkraftanlagen gebaut werden. Im vergangenen Jahr wurden in Baden-Württemberg gerade mal sechs Anlagen gebaut“, macht Gehrig den Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit deutlich. Es brauche deutlich mehr Tempo und viel höhere Investitionen in die erneuerbaren Energien. Und auf Gas könne man so schnell nicht verzichten, betont der Energieexperte. Denn bis Wasserstoff durch die Gasleitungen fließt, werde es noch dauern.
Wachstumskurs Ohne Sorgen geht der Neckarsulmer IT-Dienstleister Bechtle ins Jahr 2023. „Die Aussichten für die Branche sind überwiegend positiv“, sagt Vorstandschef Thomas Olemotz. Die erfolgsverwöhnten Neckarsulmer wollen ihren profitablen Wachstumskurs fortsetzen. „Wir sind zuversichtlich, dass wir wieder deutlich stärker als der Gesamtmarkt wachsen“, so Olemotz. Allerdings sei der Fachkräftemangel in der IT Branche besonders ausgeprägt. Arbeitskräftemangel herrscht auch in der Bankenbranche. Michael Schneider, Vorstandschef der Volksbank Main-Tauber, setzt auf persönliche Beziehungen – sowohl im Umgang mit Kunden als auch mit Mitarbeitern. „Man muss Menschen mögen“, lautet seine Erfolgsformel. Schneider weist darauf hin, dass die erwarteten Insolvenzen im vergangenen Jahr ausgeblieben sind. „Und wir erwarten auch für 2023 keine.“ Gleichwohl müsse man wachsam sein, sagt der Banker und verweist darauf, dass viele Bauplätze zurückgegeben werden.
Digitales Potenzial Einen Blick in die Medienbranche wirft Marc Becker, Geschäftsführer der Stimme-Mediengruppe. Die Entwicklung sei uneinheitlich: Auf der einen Seite werde das klassische Printgeschäft weniger, dafür wachse die Branche digital – darin sieht Becker großes Potenzial. „Wir haben so viele User wie noch nie“, sagt er mit Blick auf die multimedialen Kanäle der Nachrichtenverbreitung, die die Stimme-Mediengruppe bedient. Und die von einigen Beobachtern totgesagte Tageszeitung sei quicklebendig. „81,6 Prozent der Menschen in Deutschland lesen Zeitung“, zitiert Becker eine Umfrage des Branchenverbandes BDZV. Die Corona-Pandemie habe der Branche einen Schub verliehen, weil die Menschen nach seriöser Berichterstattung suchten. Becker glaubt an die Zukunft der Regionalzeitung. „Wir sind die lokale Informationsquelle Nummer eins“. Und er ist zuversichtlich, dass sich auch mit digitalen Angeboten Geld verdienen lässt. 69 Prozent der Verlage, so heißt es in der BDZV-Umfrage, erwarten, dass sie ab 2027 die Verluste im Print-Geschäft digital kompensieren können.

Blicken auf die Wirtschaft (von links): Martin Zippel, Michael Schneider, Paul Gehrig, Elke Döring, Thomas Olemotz, Marc Becker und Christoph Berberich.
Foto: Nasse Design
Wirtschaftsjunioren
Die Wirtschaftsjunioren setzen sich zusammen aus selbstständigen Unternehmern und Führungskräften zwischen 21 und 40 Jahren. Die Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken sind mit mehr als 200 Mitgliedern die größte Gruppe der bundesweiten Organisation unter dem Dach der Industrie- und Handelskammern. In diesem Jahr feiern die hiesigen Wirtschaftsjunioren ihren 50. Geburtstag, im September richten sie außerdem den Bundeskongress der Wirtschaftsjunioren in Heilbronn aus. jüp
Heilbronner Stimme GmbH & Co. KG
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74072 Heilbronn
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